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Jochen David nimmt Abschied

Emotionaler Abschied nach 23 Jahren TSV 03 Sievershausen – Jochen David im Interview

Tosender Applaus. Stehende Ovationen. Mit Tränen in den Augen geht Jochen David nach vorne, um von der 1. Herren verabschiedet zu werden. Auf dem Platz, wo er schon hunderte Male für den TSV 03 Sievershausen aufgelaufen ist. Bei strahlendem Sonnenschein liegt ein Hauch von Wehmut in der Luft. Die Zuschauer vom letzten Saisonspiel blieben alle auf dem Platz, um diesen besonderen Moment mit dem 41-jährigen zu genießen. Vorn angekommen war schlagartig alles ruhig. Er richtete noch ein paar Worte an alle Anwesenden und seine ehemaligen Teamkollegen. Als Abschiedsgeschenk gab es dann noch ein Trikot des TSV 03 Sievershausen mit der Aufschrift „Rekord Jochen“.

TSV: Jochen, wie war dieser Moment für dich?
Jochen David: Das war schon komisch. Als ich aufgerufen wurde, kamen alle zu mir und haben mich umarmt und abgeklatscht. Danach die Verabschiedung... Richtig registriert habe ich das erst die Woche darauf. Auf einmal merkt man, das war es ja jetzt wirklich. Aber der Abschied war echt super. Es waren auch Leute da, mit denen ich früher gespielt habe und extra dafür gekommen sind. Der ganze Rahmen, das war toll.

TSV: Du führst ja gerne Statistiken, wie viele Spiele waren es denn jetzt genau?
Jochen David: Für die 1. Herren des TSV habe ich in 23 Jahren, seit 1994, insgesamt 561 Pflichtspiele gemacht. 518 Ligaspiele und 43 Pokalspiele. Übrigens alle Pokalspiele, die in 23 Jahren möglich waren. Ich habe aus Spaß geguckt, wie das in der Bundesliga aussieht. In der Liste der Rekordspieler der Bundesliga wäre ich in den Top Ten, kurz vor Uli Stein. Aber das kann man ja nicht so richtig vergleichen.

TSV: Das ist trotzdem beeindruckend. Und du hast sicherlich mehr Tore als die Torwartlegende Uli Stein geschossen, auch wenn du als Verteidiger spielst.
Jochen David: Das waren insgesamt nur elf Tore. Allerdings kann ich mich noch an jedes einzelne Tor erinnern.

TSV: Dann erzähl doch mal von deinem schönsten Tor.
Jochen David: Mein schönstes Tor war auch gleichzeitig mein Wichtigstes. Wir haben um den Aufstieg in die 1. Kreisklasse gespielt. Wir mussten das Spiel gewinnen, um aufzusteigen. Wir haben 2:1 geführt, aber das Ergebnis war alles andere als sicher. Doch dann habe ich das 3:1 gemacht. Auf der rechten Seite habe ich den Ball auf Höhe des Strafraums zurückgelegt bekommen. Ich hab den Ball voll getroffen und das Ding ist genau in den Winkel geflogen. Das war der Knackpunkt dieses Spiels. Danach haben wir noch 5:1 gewonnen und sind aufgestiegen und das auch als Kapitän, das hat schon gepasst.

TSV: Wann wurdest du das erste Mal gefragt, wann du denn aufhören möchtest?
Jochen David: Natürlich kamen irgendwann immer mal wieder Sprüche. Aber ernsthaft hat mich nie jemand wirklich gefragt. Eine Art Aufforderung gab es nie. Ich habe jetzt für mich gesagt, dass es reicht. Ich wollte unbedingt mit den Jungs nochmal in die Kreisliga aufsteigen und dann die Klasse halten, weil der TSV das noch nicht geschafft hat. Da ich Chronik führe, habe ich einen sehr guten Überblick. Das war letztes Jahr der dritte Aufstieg in die Kreisliga, aber wir sind immer direkt wieder abgestiegen. Jetzt haben wir das gepackt.

TSV: Das war dann wahrscheinlich auch der Grund jetzt aufzuhören.
Jochen David: Genau. Aber auch körperlich funktioniert nicht mehr alles so wie früher. Dann muss man irgendwann mal aufhören.

TSV: Also hattest du auch mal eine schlimmere Verletzung oder hattest du Glück?
Jochen David: Im Jugendbereich habe ich mich nie verletzt. Im Herrenbereich mit ungefähr 25 wurde bei mir ein Knorpelschaden festgestellt. Da bin ich ein halbes Jahr ausgefallen. Seitdem muss ich dort Muskulatur aufbauen und diese halten, sonst könnte es sein, dass ich da wieder zurückfalle. Das heißt, dass außerhalb von Training und Spielen Laufen und auch Krankengymnastik auf dem Plan steht. Besonders in der Sommer- und Winterpause.

TSV: Erinnerst du dich noch an ein ganz besonderes Spiel?
Jochen David: Mein erster Aufstieg in die Kreisliga. Wir waren als Meister aufgestiegen und mussten gleich im ersten Saisonspiel gegen unseren Nachbarn und Rivalen Adler Hämelerwald ran. Ab der 30. Minute waren wir nur noch zu zehnt, weil unser Kapitän die Gelb-rote Karte gesehen hat. Aber trotz der 60 Minuten in Unterzahl haben wir das Spiel gewonnen. Es waren sehr viele Zuschauer da. Das war echt klasse. Da haben wir gezeigt, dass wir in der Kreisliga angekommen sind.

TSV: Gab es auch ein Spiel, das du besonders mit negativen Gefühlen verbindest?
Jochen David: Es gab ein paar Niederlagen, die ein bisschen hoch waren. Sehr ärgerlich war davon aber keine. In einer Saison, in der wir in die 2. Kreisklasse abgestiegen sind, hat uns ein Unentschieden das Genick gebrochen.  Ungefähr drei Wochen vor dem letzten Spieltag wurde die Anzahl von zwei Absteigern auf drei geändert und später sogar noch auf vier. Plötzlich standen wir unten mit drin. Im letzten Spiel mussten wir dann gewinnen, haben aber nur ein Unentschieden geschafft und waren damit abgestiegen. Das war bitter.
In den vielen Jahren hast du bestimmt auch die eine oder andere Mannschaftsfahrt mitgemacht.

TSV: Gibt es eine, die dir am meisten Spaß gemacht hat?
Jochen David: Wir waren mal in Prag, natürlich auf Malle, aber am schönsten fand ich die Fahrt nach Österreich. Da haben wir an einem Tag Canyoning gemacht und am nächsten Tag Rafting. Das war echt super, weil es nicht einfach nur wegfahren und trinken und feiern war, sondern wir auch sportlich etwas gemacht haben. Gefeiert haben wir natürlich trotzdem.
In den letzten Jahren war die Mannschaft ja sehr jung.

TSV: Wie bist du mit dem großen Altersunterschied umgegangen?
Jochen David: Das war ganz einfach, weil ich fast alle davon in der A-Jugend trainiert habe. Das war auch ein zusätzlicher Ansporn immer nochmal ein Jahr dranzuhängen. Erst trainiert man die Jungs und führt sie dann in den Herrenbereich ein. Die Entwicklung jedes Einzelnen zu beobachten, hat mir sehr viel Spaß gemacht.

TSV: Was bedeutet der TSV 03 Sievershausen für dich?
Jochen David: Es ist nicht nur so, dass du hier spielst, es kommt der Zeitpunkt wo man auch mal etwas zurückgibt. Deswegen bin ich seit 13 Jahren Trainer in der Jugend. Außerdem gehören zum Vereinsleben auch noch andere Sachen, wie zum Beispiel Arbeitseinsätze, wo die Sportanlage in Schuss gebracht wird, oder dass man sich auch bei Veranstaltungen einbringt und dort mithilft. Der TSV 03 Sievershausen und die Sparte Fußball ist wie eine große Familie, in der jeder seinen Teil dazu beiträgt. Nicht nur beim Fußball spielen. Dazu gehört auch mal, Fußball sein zu lassen.

TSV: Wie meinst du das?
Jochen David: Es ist wichtig, dass man auch über andere Sachen spricht. Am besten ist das, wenn man sich völlig verausgabt, sich nach dem Training zusammen hinsetzt und ein oder zwei Bierchen trinkt. Dann fängt man an, auch über andere Sachen zu erzählen, wie die Familie, Arbeit oder Politik. Das ist ganz angenehm und gehört auch dazu.

TSV: Wie geht es jetzt weiter? Hörst du komplett auf?
Jochen David: Nein ganz nicht. Angeboten habe ich in der Ü40 zu spielen. Einmal freitags, das kriege ich noch hin. Dann muss ich auch schauen, dass ich körperlich regeneriere. Das mache ich jetzt im Sommer. Ich habe mir vorgenommen, gar nicht gegen den Ball zu treten, sondern nur zu laufen und auch Krankengymnastik zu machen, damit die Schmerzen weggehen. Ansonsten würde ich auch in der 2. Herren einspringen, wenn die mal nicht genug Spieler sind. Das muss aber nicht sein. Wenn die genug Leute sind, muss ich da niemandem den Platz wegnehmen.

TSV: Und in der 1. Herren?
Jochen David: Das war es jetzt. Auch wenn ich gefragt werde, würde ich ablehnen. Ich wäre nur noch Bankdrücker und würde nichts mehr reißen. Die Kreisliga hat schon ein hohes Niveau. Wenn man in der 2. Herren einen Fehler macht, dann ist das nicht so schlimm, in der 1. Herren kann das dramatische Folgen haben. Für mich geht es jetzt nur noch um die Ü40 und die 2. Herren.

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